Jetzt spenden
Home UnterstützenErbschaft & Legate«Es ist wichtig, wie wir Abschied nehmen»

«Es ist wichtig, wie wir Abschied nehmen»

Als Sohn oder Tochter den Sarg des Vaters zu Grabe zu tragen, kann beim Abschied tröstlich sein. Für die Bestatterin Madlen Heer vom Frauenbestattungsunternehmen Belorma ist es wichtig, den letzten Gang eines Menschen würdevoll und im Miteinander mit den Angehörigen zu gestalten. Mit Comundo spricht sie darüber, wie entscheidend bei der Trauerarbeit das «wie» beim Abschied nehmen ist.

Bestattungsunternehmerin Madlen Heer (ganz links im Bild) mit ihrem Belorma-Team.  (Bild: Madlen Heer)
Bestattungsunternehmerin Madlen Heer (ganz links im Bild) mit ihrem Belorma-Team. (Bild: Madlen Heer)

Frau Heer, Sie führen seit 2011 im Team ein reines Frauenbestattungsunternehmen. Inwiefern ist Belorma anders unterwegs im sonst von Männern dominierten Bestattungswesen? 

Madlen Heer: Das andere hat vielleicht damit zu tun, dass wir empathisch und authentisch auftreten und wahrgenommen werden. Wir versuchen die Angehörigen immer miteinzubeziehen. Manche Menschen wählen unser Unternehmen gerade deswegen aus, weil wir Frauen sind. Andere können sich kaum vorstellen, dass Frauen eine verstorbene Person tragen können. Manchmal bitten wir auch die Angehörigen um Mithilfe. Es sind berührende Momente etwa für eine längst erwachsene Person, wenn sie ihren geliebten Vater oder die Mutter aus dem Haus trägt.

Über sein Leben hinaus Gutes tun

Menschen, die Comundo einen Teil ihres Erbes hinterlassen, ein so genanntes Legat, ermöglichen uns langfristige finanzielle Stabilität und die Sicherung unserer Programme für benachteiligte Menschen im Globalen Süden. Für Fragen zum Thema Legat steht Ihnen Beatrice Bürge gerne zur Verfügung. Bestellen Sie zudem unverbindlich unseren Legate-Ratgeber!

 

Legate-Ratgeber bestellen

Ihr Kontakt

Beatrice Bürge

Spenden und Legate
+41 58 854 11 55
E-Mail

Bevor Sie Ihr eigenes Bestattungsinstitut ins Leben gerufen haben, waren Sie als Sonderpädagogin und später in der Altersarbeit tätig. Wie kam es zur beruflichen Umorientierung? 

Ich bin in meinem Berufsleben mit allen Lebensphasen in Berührung gekommen – in meiner Arbeit als Sonderpädagogin mit Kindern und Erwachsenen mit geistigen Einschränkungen, später in der Arbeit mit alten Menschen bis hin zu meiner heutigen Aufgabe als Bestatterin. Den Bogen vom Aufwachsen über das Älterwerden bis hin zum Sterben habe ich stets weitergeführt; in mir drin hat da immer etwas angeklopft.  

Während dem Tätig sein in einer Pflegeeinrichtung gehörte das Sterben zu Ihrem Alltag. Wie ist in Ihnen der Wunsch gewachsen, sich ganz dem Thema Abschied und Tod zu widmen?   

Mit Praktika in verschiedenen Pflegeeinrichtungen und dem Studium zur Gerontologin habe ich mich in der Altersarbeit aus- und weitergebildet. Das Thema Alter und Sterben hat mich zunehmend fasziniert und es interessierte mich brennend, wie sich Menschen am Ende des Lebens fühlen. Jedoch fehlte mir neben der Arbeit die Zeit, mich mit diesen Fragen vertieft auseinanderzusetzen. Als Leiterin einer Pflegewohngruppe hatte ich den regulären Umgang der Bestatter mit den Verstorbenen erlebt. In mir keimte der Wunsch, es anders zu machen.  


Es sind berührende Momente etwa für eine längst erwachsene Person, wenn sie ihren geliebten Vater oder die Mutter aus dem Haus trägt.  


Wie gingen Sie damals im Pflegeheim vor, wenn jemand verstorben war?

Ich habe ein Ritual etabliert, wie wir Abschied nehmen von Menschen, die in unserer Institution versterben. So haben wir den Sarg mit dem oder der Verstorbenen in den Mehrzweckraum gebracht und das Team, die Nachbarn und die Angehörige waren eingeladen zu dieser letzten Begegnung. Wir haben dann jeweils etwas über diesen Menschen gesagt und zu seinem Lebensabschnitt bei uns, haben meist ein Kirchenlied gesungen und gebetet. So konnten wir den Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern die Möglichkeit gegeben, an den Sarg zu gehen, Weihwasser zu spritzen und sich zu verabschieden. 

Wie ist dieses Abschiedsritual im Pflegeheim angekommen?  

Die Menschen, die in einer Pflegeeinrichtung leben, haben nicht die Möglichkeit in einer Kirche Abschied zu nehmen, da sie gar nicht dorthin gelangen können. Diese Art der Verabschiedung war für sie wertvoll und wurde geschätzt. Viele Bewohnerinnen und Bewohner wünschten sich diese Wertschätzung und Achtsamkeit bei ihrem eigenen Ableben.  

Gab es einen Schlüsselmoment, der Sie dazu bewegte, sich als Bestatterin selbständig zu machen?  

Die Reportage mit dem Bestatter Ricco Biaggi im Schweizer Fernsehen. Ich dachte, genau so muss Bestattung sein: Etwas ganz Natürliches, nichts Institutionalisiertes. Das Sterben darf gesehen werden und der Tod darf ein Thema sein. Das hat mich gefesselt. So ist es auch bei Belorma. Schon bei der Geschäftsgründung hatten meine langjährige Kollegin und Mitbegründerin Barbara Karner-Küttel und ich eine feste Überzeugung, die wir umsetzen wollten – die Angehörigen von Anfang an miteinzubeziehen.  


Das Innehalten, bevor der Sarg geschlossen wird, diese Pause, bewirkt etwas Wertvolles.


Wie gehen Sie bei einer Bestattung konkret vor?  

Bei Belorma gehört es zum Ritual, dass wir ein Gedicht oder einen meditativen Text am offenen Sarg vorlesen. Anfangs in der Pathologie waren die Mitarbeitenden erstaunt, dass wir uns nach dem Einbetten in den Sarg die Zeit dafür nahmen. Wir haben noch nie erlebt, dass Angehörige dieses Ritual abgelehnt haben. 

Warum ist diese Entschleunigung der sensiblen Phase des Einbettens und des Verweilens am Sarg für Sie so essenziell?  

Das Innehalten, bevor der Sarg geschlossen wird, diese Pause, bewirkt etwas Wertvolles. Wenn ich etwas Berührendes rezitiere, gibt mir dies nachher den Bogen, mich an die Angehörigen zu wenden und eine Verbindung gestalten zwischen der verstorbenen Person und den Angehörigen. Wenn ich etwas tiefer gehe, näherkomme, eine Berührung ermögliche, kann es sein, dass sich das Gegenüber öffnet und darüber nachsinnt, wer der Mensch war, den wir gerade zur letzten Ruhe gebettet haben.  Auf diese Weise entsteht ein vertrauensvoller Kontakt. Meine Erfahrung und Verwurzelung erlauben es mir, Dinge anzusprechen, die nicht offensichtlich sind, oder zu schweigen, wenn es besser ist.