Wo Tablets auf Rundhütten treffen
Impact Network rüstet in Sambia Schulen mit Tablets und digitalen Lernprogrammen aus. Isabelle Hürst unterstützt die Comundo-Partnerorganisation bei der lernzielorientierten Anwendung im Unterricht.
Es ist fünf Uhr morgens und die ersten Schülerinnen und Schüler begeben sich teils ohne Schuhwerk auf Trampelpfaden in Richtung Schule. In einem kleinen Plastiksack führen sie vier Übungshefte und einen Bleistiftstummel mit sich.
«Dass die Kinder zwei Stunden später in einem digital ausgestatteten Klassenraum sitzen werden, ist nicht zu erahnen.»
Insgesamt 38 von lokalen Gemeinschaften betriebene Community Schools und fünf staatliche Schulen im Osten Sambias erhalten Beamer und Tablets mit einem E-Learning Programm von Impact Network bereitgestellt, um inmitten des Nichts qualitative Bildung anzubieten.
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Die Schulschliessungen während der Corona-Krise konnten mit Lernsendungen im Radio überbrückt werden:
Digitale Bildung ermöglicht in Sambia Chancen für die Zukunft. Vielen Dank, dass Sie sich mit uns für benachteiligte Kinder und Jugendliche einsetzen!
Tablets samt Betreuung
Für guten Unterricht reicht aber das Zurverfügungstellen von Technologien nicht aus, weshalb Impact Network ein eigenes Modell, die eSchool 360, entworfen hat. Ziel ist der lernfördernde Einsatz der E-Learning Hardware «Mwabu». Das Programm selbst enthält Tausende von pfannenfertigen Lektionen und Unterrichtsplänen, die mit dem nationalen Syllabus (Lehrplan) übereinstimmen, vom Bildungsministerium beglaubigt sind und Inhalte in Cinyanja, der lokalen Sprache, anbieten. Eine praxisorientierte Einführung in das digitale Medium sowie wöchentliche Coachings, monatliche Weiterbildungen und regelmässige Wartungen sollen eine barrierefreie Anwendung sicherstellen.
All der Effort lässt allerdings die Frage offen, weshalb die Lese- und Rechenschwäche nicht wesentlich abgenommen hat; immerhin arbeitet Impact Network seit fast zehn Jahren mit dem digitalen Lernprogramm. So gibt es bis in die 7. Klasse Schulkinder, die nicht einmal Buchstaben identifizieren können. Die Gründe dafür sind vielfältig, sicher ist aber: Tablets allein können dieses Problem nicht beheben, Unterrichtsmethodik ist gefragt. Während die sambische Lehramtsausbildung ungenügend darauf eingeht, ist es bei Impact Network die starre Umsetzung der eSchool 360, die den Erwerb eines bunten Methodenspektrums verhindert.
Digitales Lernen mit Tücken
Impact Network gibt mit eSchool 360 einen fixen Lehrplan vor, der sämtliche Lektionen inklusive die zu verwendenden Ressourcen festlegt. Damit ist zwar ein gewisser Standard gewährt, verhindert aber das Eingehen auf individuelle Bedürfnisse. Um den Vorgaben gerecht zu werden, spult die Lehrperson das Unterrichtsprogramm häufig bloss ab. Fragen oder Repetition haben dabei keinen Platz. Starren Strukturen folgt ebenfalls das Lernprogramm «Mwabu». Jede Lektion weist dasselbe Muster auf bestehend aus Einleitung, Hauptteil mit drei rotierenden Aufgaben und Ausklang. Die handlungsorientierten Aktivitäten werden aber weder der Heterogenität einer Klasse noch dem zeitlichen Rahmen gerecht. Ohne eine einzelne Übung abgeschlossen zu haben, verlassen Schülerinnen und Schüler mit mehr Unterstützungsbedarf den Unterricht. Was die Modifizierung und Diversifizierung einer Lektion angeht, straucheln ebenso die Lehrpersonen und ihre Coaches – egal ob mit oder ohne Lehramtsausbildung.
«Sich der Grenzen der eSchool 360 bewusst, beschreitet Impact Network in Zusammenarbeit mit Comundo neue Wege.»
So ist im Wissensaustauch mit mir als Fachperson ein Lehrplan entstanden, der zyklisches Lernen vorsieht, mehr Flexibilität zulässt und andere Ressourcen miteinbezieht. Lehrpersonen und ihre Coaches erhalten Weiterbildungen und individuelle Beratung, um ihr inhaltliches Wissen und ihre methodischen Fähigkeiten zu erweitern. Mit der Implementierung von «Guidance Teachers», die in ihrer Rolle Heilpädagoginnen bzw. Heilpädagogen gleichkommen, sollen sich schulische Lücken schliessen. Als Fernziel soll die Lehrperson in den Vordergrund rücken und das digitale Medium als ergänzende Quelle im Unterricht dienen.
Begeisterung für die eSchool 360
Trotz all der Herausforderungen ist die Begeisterung für das eSchool 360-Programm unter den von Impact Network begünstigten 6097 Schulkindern, 170 Lehrpersonen und 25 Mitarbeitenden im Hintergrund gross. So bekräftigt Philimon Zulu, der jüngst als Lehrperson zum «Operation Manager» promoviert worden ist: «Ich denke, der Einsatz von Technologie spielt im Klassenzimmer eine wichtige Rolle; es bedeutet viel, wenn Kinder sehen können, was sie lernen.»
«Die Tablets sind ausserdem ein treibender Faktor für die Schülerinnen und Schüler, überhaupt zur Schule kommen. Es macht unser Lernen einzigartig und schön.»
Im Gegensatz zu reinen Abschreibübungen ohne jeglichen Verständnisgewinn, was dem Alltag so manch einer sambischen Schule entspricht, bietet das E-Learning-Programm Ideen mit konkreten Anleitungen zum Aufbau eines lernzielorientierten Unterrichts, der alle Sinne anspricht. Statt still in der Bank zu sitzen, sollen die Kinder in ihrem Hören, Sehen, Fühlen und Entdecken gefördert werden. Aktive Partizipation statt passiver Frontalunterricht soll stattfinden. IT statt Wandtafel und Kreide soll Kinder auf die Zukunft vorbereiten. Das Potenzial der eSchool 360 wird nicht von ungefähr als gross eingeschätzt und die akademischen Vergleichswerte bestärken diese Wahrnehmung.
«In den staatlichen Prüfungen schneiden die von Impact Network begünstigten Schulkinder besser ab als ihre gleichaltrigen Kolleginnen und Kollegen.»
Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten verdeutlichen sich einmal mehr mit der Corona-Krise. Weiterbildungen für Lehrpersonen könnten mittels App auf den Tablets angeboten werden. Damit diese Chancen gepackt werden, dafür setze ich mich bei Impact Network ein.
Dank Ihrer Spende kann ich mich weiterhin in diesem wichtigen Bildungsprojekt in Sambia engagieren. Vielen Dank für Ihre Unterstützung!
Von Isabelle Hürst | 18. Juni 2020 | Sambia
1 Kommentare
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Super article!