Meine Eindrücke über die Comundo-Arbeit in Kenia
Während meinem 3-monatigen Kurzeinsatz in Kenia nutzte ich die Zeit auch, um andere Comundo-Fachleute zu besuchen. Die kurzen Einblicke in die Arbeit vor Ort haben mich sehr beeindruckt. Ein kleiner Erfahrungsbericht.
Die Landschaften ziehen im Fenster des Zuges wie auf einer Leinwand vorbei. Rote, afrikanische Erde. Weite Landschaften. Dazwischen tauchen immer wieder kleine Siedlungen auf. Menschen stehen dann staunend, mit grossen Augen, vor ihren Lehmhütten. Es scheint, als lasse sich das moderne Leben in Form des Mandaraka Express in diesen abgelegenen Regionen Kenias kurz blicken.
Die 2017 eröffnete Bahnlinie ist ein Grossprojekt Chinas, das 90 Prozent der Kosten dafür übernommen hat. Die Fahrt von Mombasa nach Nairobi führt dabei auch durch den Tsavo Nationalpark. Zebras, Elefanten und andere Tiere sind aus dem Zug oft zu bestaunen. In sechs anstatt in 18 Stunden kann die über 500 Kilometer lange Strecke nun zurückgelegt werden.
Auf der Zielgeraden – Besuch beim Kfz-Elektrikmeister
Mit dem Zug bin ich von Mombasa auf dem Weg zu Comundo-Fachperson Horst Hühnlein in Nairobi. Horst ist einer meiner ersten Haltestellen beim Besuch der Kenia-Fachleute. Er ist bei der Organisation Don Bosco Boys Town im Einsatz. Die Don Bosco Technical School in Karen bietet den über 500 jungen Menschen die Möglichkeit in den verschiedenen handwerklichen und technischen Berufen eine Ausbildung zu machen. Horst ist auf der Zielgeraden seines Einsatzes. In wenigen Wochen wird er zurückreisen. Das scheint mir ein guter Zeitpunkt, um mit ihm auf seine Zeit hier zurückzublicken. Denn Horst wird dann in seinen wohlverdienten Ruhestand gehen.
«Die Menschen wachsen zu einem Grossteil in einem korrupten Umfeld auf, sodass es zum Alltag gehört.» Horst Hühnlein
Wie sinnvoll ist deine Arbeit?
Horst Hühnlein ist eine erfahrene Fachperson in der Entwicklungszusammenarbeit. Er war in zahlreichen Ländern Afrikas tätig.
Nach den verheerenden Erdbeben 2015 in Nepal half er dort beim Wiederaufbau mit. Bei unserer Begegnung wirkt Horst nachdenklich. Auf meine Frage, ob er denke, dass all seine Einsätze – und das waren immerhin 13 Auslandseinsätze – sinnvoll und nachhaltig waren, überlegt er lange. «Grundsätzlich ja», antwortet er schliesslich. «Aber», und er holt dabei tief Luft, «die Korruption ist das wohl grösste Problem.»
Auch wenn er in seinem täglichen Arbeitsumfeld damit nichts zu tun hatte, merkt man, dass Horst über den Tellerrand hinausschaut. «Die Menschen wachsen zu einem Grossteil in einem korrupten Umfeld auf, sodass es zum Alltag gehört.» Das sei teilweise schwer zu ertragen, meint Horst. Hinzu käme, dass es bei den jungen Menschen häufig an Basiswissen fehle. «Einfachstes Wissen aus der Sekundarschule, wie der Aufbau eines Stromkreislaufes oder wie eine Parallelschaltung funktioniert, fehlt einfach», meint Horst. In wenigen Wochen wird Horst in seinen Ruhestand gehen. Auf die Frage, was er dann mache, antwortet er prompt. «Ich plane dann meine Ferien in Kenia.»
Nur ein «kleiner» Einblick – Besuch beim Datenspezialisten
Eine weitere Fachperson, die ich besuche, ist der Bündner Lorenz Schwarz. Lorenz ist an der Nordküste in Malindi im Bereich Datenmanagement tätig. Malindi ist eine Stadt, die auch aus historischer Sicht etwas zu bieten hat. Hier ist die erste Kirche Ostafrikas zu finden. Und den grossen Entdecker und Seefahrer Vasca da Gama kennt hier jedes Kind.
Die Institution Elimu, wo Lorenz arbeitet, ist auch am Wochenende mit ihren Angebot für die Jugendlichen aktiv. Auch Lorenz ist schon einige Jahre im Einsatz; für Comundo engagiert sich der Bünder bereits im fünften Jahr für bessere Bildungschancen in einer Region, die von Gewalt, Kriminalität und Perspektivlosigkeit geprägt ist.
Während meinen kurzen Besuchen der verschiedenen Fachleute bekomme ich natürlich nur einen kleinen Einblick in das Arbeitsumfeld. Viel wichtiger für mich ist aber, wie begegnen sich die Menschen? Wie gehen die Einheimischen auf die vermittelten Berufsleute von Comundo zu? Wie ist die Arbeitsatmosphäre? Das alles kann viel über den Sinn und die Nachhaltigkeit eines Einsatzes aussagen. Und das kann auch in wenigen Stunden erlebbar werden, denke ich.
Wertschätzung und Humor als Basis für gute Zusammenarbeit
Meinen Besuch hat Lorenz vorher der Institution angekündigt und mit ihnen abgesprochen. Neben dem Hauptverantwortlichen Joseph, dem CEO von Elimu, sind zahlreiche weitere Mitarbeitende anwesend. Lorenz begrüsst alle mit Namen. Es wird sich kurz oder auch etwas länger – wie in Afrika oft der Fall – über die Befindlichkeiten ausgetauscht. Anschliessend beginnt eine Sitzung zum fachspezifischen Thema Datenmanagement.
Aufmerksam hört Lorenz dem Anliegen der Mitarbeitenden zu, bevor er das Wort ergreift. Interessiert und aufmerksam folgen sie dann den Worten von Lorenz. Die Wertschätzung beider Seiten ist spürbar. Und immer wieder wird herzhaft gelacht – Humor als wichtiger Baustein für eine erfolgreiche Zusammenarbeit wird mir bei meinen Besuchen immer wieder vor Augen geführt. Im Gespräch mit Joseph wird dieser nicht müde immer wieder zu betonen, wie dankbar er und das Team für die Unterstützung von Lorenz sind. «Lorenz ist vor allem auch ein super Typ», macht Joseph klar. Dass Lorenz seine Qualitäten zeigen kann, setzt voraus, dass die Partnerorganisation offen und interessiert an einer konstruktiven Zusammenarbeit ist.
«Wir schätzen Lorenz für seine Fähigkeiten und als Person; er ist ein super Typ» Joseph Kamotho
Einbezug lokaler Fachkräfte – Besuch bei der Sozialarbeiterin, der Textildesignerin und der Schneiderin
Weitere Partnerorganisationen, die ich besuchen konnte, waren «Make me Smile» und «Ujima» am Lake Viktoria in Kisumu. Monika Keller, Eva Zuberbühler und Mercy Odero sind als Comundo Co-Worker in der Schneider-Werkstatt von «Make me Smile» im Einsatz. Monika ist in einem dreijährigen Einsatz und Eva für drei Monate in Kisumu. Mercy hingegen ist eine lokale Fachperson aus Kenia.
Der Austausch mit ihr zeigt mir, wie wichtig der Einbezug lokaler Fachleute für die Wirkung hier in Kenia ist. Sie bringt das lokale Fachwissen mit. Sie weiss um die Bedürfnisse der einheimischen Frauen. Damit bilden solche Fachleute ein Garant für Nachhaltigkeit der Projekte. Ebenso lerne ich Vera kennen. Eine 28-jährige einheimische Sozialarbeiterin bei «Make me Smile». Sie wird teilweise von Monika unterstützt und begleitet. Wieder erlebe ich eine konstruktive, offene und wertschätzende Zusammenarbeit von allen – vereint kämpfen sie für ein gemeinsames Ziel: Ein besserer Schutz für Kinder und junge Frauen und die Möglichkeit auf eine Berufsausbildung.
Bestens integriert – Besuch bei der Tourismusexpertin
Anke Dewald lerne ich während meines Besuches bei Ujima kennen. Von ihrem zweijährigen Einsatz sind bereits sechs Monaten vergangenen. Ujima bietet benachteiligten Jugendlichen die Möglichkeit eine Ausbildung im Hotel- und Tourismusbereich zu absolvieren. Anke ist nicht nur Betriebswirtin, sondern auch Tourismusfachfrau. Während einer Führung mit anderen lokalen Fachpersonen erklärt sie das Schulungs- und Ausbildungsprogramm von Ujima. Ich bin beeindruckt, dass sie den Betrieb, die Mitarbeitenden und auch zahlreiche Jugendliche nach sechs Monaten bestens kennt. Das zeigt mir, dass sie sehr gut integriert ist.
Mit dem CEO Charles Odhiambo kann ich ausführlich über die Herausforderungen des Projektes sprechen. Er zeigt sich dabei sehr kritisch gegenüber der eigenen Arbeit und sieht noch viele Verbesserungsmöglichkeiten. «Wenn es uns gelingt, ein öffentliches Restaurant zu betreiben», erklärt Charles, «dann können die Jugendlichen unter realistischen Bedingungen ausgebildet werden.» Die Projektplanungen dafür laufen bereits, meint Charles. Während meiner spontanen Besuche der einzelnen Lektionen erlebe ich viele Situationen, in denen nicht nur konzentriert gearbeitet, sondern zusammen mit den Jugendlichen auch viel gelacht wird. Die Atmosphäre ist angenehm und wirkt sehr einladend.
«Schlussendlich bin ich positiv überrascht über alles, was in den besuchten Einsätzen in Kenia bereits erreicht wurde.» Mayk Wendt
Viele Menschen sind für das Gelingen notwendig
Innert kurzer Zeit kann ich erfahren, dass bei der Zusammenarbeit einer NGO mit Partnerorganisationen in Ländern des globalen Südens zahlreiche Menschen eine wichtige Rolle spielen. Angefangen bei den Referenten von Comundo, die in Luzern die Berufsleute und zukünftigen Fachleute auf ihre Auslandseinsätze vorbereiten. Die verantwortlichen Personen, die viel administrative Arbeiten erledigen müssen (Stichwort Papierkrieg mit Behörden, Versicherungen, etc.), um solche Einsätze möglich zu machen. Die Mitarbeitenden in der Kommunikationsabteilung, die dafür sorgen, dass die Einsätze und die geleistete Arbeit sichtbar wird.
Natürlich die Landesprogramm-Verantwortlichen in den Einsatzländern. Sie sind die erste Ansprechperson für die entsandten Fachkräfte. Mit ihrer Expertise vor Ort entscheiden sie tatkräftig mit, wie sinnvoll und nachhaltig die Zusammenarbeit mit den Partnern im Land ist. Und dann sind da noch viele weitere Menschen…
Schlussendlich bin ich sehr positiv überrascht und dankbar für die offenen Einblicke in die Zusammenarbeit von Comundo mit den unterschiedlichen Organisationen in Kenia und über alles, was schon erreicht wurde.
Von Mayk Wendt | 13. Juli 2023 | Kenia
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