Hmm…was wird denn da erzählt?
Die Corona-Krise ist für Menschen nicht nur belastend, sie fördert auch viel Kreativität und neue Geschäftsideen; insbesondere, wenn es um den eigenen Schutz geht.
Von Álvaro Meruvia
Wie kann man sich vor dem Virus schützen und gleichzeitig seine Lebensbedingungen verbessern? Richtig! Mit der Herstellung bestickter Gesichtsmasken. Genau auf diese Idee kamen indigene Kunsthandwerkerinnen aus dem Munizip Ayata, acht Stunden Fahrt von La Paz in Bolivien entfernt. Seit Ausbruch der Krise nähen sie Tausende von Schutzmasken aus Stoff und besticken diese mit kulturellen Alltagsszenen.
Aus der Not heraus entstanden
Was wie die Idee einer gerissenen Marketing-Agentur klingt, geschah in einer ländlichen Region aus der Not heraus: «Es gab keine Schutzmaterialien. Meine Mutter hat mir die erste Mund- und Nasenmaske genäht, um uns zu schützen», erläutert Ana Alicia Layme Khuno, Initiantin dieses Projekts.
«Es gab keine Schutzmaterialien.
Meine Mutter hat mir die erste Mund- und Nasenmaske genäht,
um uns zu schützen.» Ana Alicia Layme Khuno
Als ehemaliges Mitglied im Regionalparlament hat sie viel politische Gewalt und Diskriminierung durch Männer erfahren. Jetzt setzt sie sich in ihrer Gemeinde für die Rechte der Frauen ein. Mit den Mundschutzmasken, glaubt sie, können die Frauen ihre Arbeit und Rolle in den Gemeinden sichtbar machen und dabei auch noch etwas für ihre finanzielle Unabhängigkeit tun.
«Auf» aller Munde
Der Run auf die bestickten Masken scheint ihr recht zu geben: Inzwischen werden die Schutzmasken in 15 Dörfern kunsthandwerklich hergestellt und Frauen aus weiteren Gemeinden bekunden bereits Interesse, sich ebenfalls zu beteiligen. Pro Woche produzieren sie so zwischen 1500 und 2000 Stück, Tendenz steigend. Der hohen Nachfrage aus Städten wie La Paz, Cochabamba und Santa Cruz können sie jedoch kaum gerecht werden. Unterdessen liegen auch schon Bestellungen aus den Vereinigten Staaten, Spanien, Mexiko, Deutschland, Brasilien und Chile vor. Dafür fehlt aber noch die Exportgenehmigung der bolivianischen Behörden. Die Einnahmen werden unter etwa 700 Frauen aufgeteilt, die die Stücke nähen, sie besticken oder sich um den Verkauf kümmern.
Initiative von Comundo unterstützt
Einer der Orte, in denen die Masken gesammelt werden, ist Vitocota im Munizip Ayata. Hier betreibt die Stiftung Machaqa Amawta, meine Partnerorganisation bei Comundo, ihr Zentrum zur Förderung des Kunsthandwerks. Gearbeitet wird mit traditionell gewobenen Tüchern, mit Stoffen aus Baumwolle und Flanell, die genäht und anschliessend bestickt werden.
Welche Motive gestickt werden, entscheidet jede Frau selbst. Es sind Geschichten über ihre Familien und ihre Bräuche. Es geht um den Schutz der Natur. Die Motive zeigen die traditionelle Kleidung und bringen Wertschätzung für die Arbeit der indigenen Frauen zum Ausdruck. So erfüllen die Masken einen mehrfachen Zweck: Neben dem Schutz vor Ansteckungen machen die Masken mit ihren Stickereien auf die indigene Kultur aufmerksam und leisten einen wichtigen Beitrag zur Sensibilisierung für ihre Situation.
Grosse Pläne für die Zukunft
Ana Alicia hat inzwischen noch grössere Pläne. Sie will auch die archäologischen und touristischen Attraktionen der Provinz Muñecas mit Hilfe des Kunsthandwerks bekannt machen. Alles mit dem Ziel, die wirtschaftliche Situation der Familien und ihre Lebensqualität zu verbessern und die Landflucht zu stoppen.
Comundo-Fachperson Alvaro Miguel Meruvia verbessert mit seinem Einsatz die Lebensbedingungen der indigenen Bevölkerung Boliviens.
Von Alvaro Miguel Meruvia | 6. Juli 2020 | Bolivien
0 Kommentare
Teilen Sie uns Ihre Meinung mit!